Konrad Jacek Walerski
„Die Entwicklung der Soziologie in Polen zwischen 1945 und 1990 im Kontext der Modernisierungsherausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft“ [Arbeitsthema]
Das Ziel der Dissertation besteht in der Erforschung der polnischen Soziologie zwischen 1945 und 1990 und der Darstellung ihrer Bedeutung für den sozialistischen Modernisierungspfad in Wirtschaft und Gesellschaft in der Volksrepublik Polen. Diese Vorhaben betreffen den polnischen Aspekt im deutsch-polnischen Vergleich zur Entwicklung der Soziologie als Teil des sozio-ökonomischen Denkens. Darüber hinaus wird die hier angestrebte Analyse ermöglichen, Systemeigenschaften des Sozialismus von länderspezifischen Eigenschaften des Wissenschaftssystems in der VR Polen, insbesondere in der Entwicklung der Soziologie und der Ökonomie, zu unterscheiden und mit den realen gesellschaftlichen Verhältnissen in Bezug zu setzen sowie die Unterschiede des Übergangs zur Marktwirtschaft nach 1989 besser zu verstehen.
Der erste Aspekt der Dissertation ist die Institutionalisierung der Soziologie in der VR Polen vor dem Hintergrund der politischen und gesellschaftlichen Veränderungen und die Frage, inwieweit die soziologische Tradition der Zwischenkriegszeit nach 1945 fortgesetzt und inwieweit abgebrochen wurde. Außerdem werden hier neue, mit dem sozialistischen System eingeführte Ansätze in der polnischen Soziologie thematisiert.
Die zweite Forschungsfrage betrifft das Konzept der Modernisierung, die Zapf (1990) als „Konkurrenzdemokratie, Marktwirtschaft und Wohlstandgesellschaft mit Massenkonsum und Wohlfahrtstaat“ charakterisiert. Die nach 1945 in Polen eingeführten Modernisierungsbestrebungen bestanden jedoch in dem sozialistischen Wirtschaftsprinzip, das nach Siewierski (1994) „auf dem Dominanz der kommunistischen Regierung in der Wirtschaft beruhte und eine der Möglichkeiten für die Überwindung der Rückständigkeit und einen schnellen zivilisatorischen Fortschritt war“. Die Planwirtschaft setzte sich die Aufgabe, dringende Bedürfnisse des zerstörten Landes in Angriff zu nehmen, wie unter anderen Industrialisierung, Elektrifizierung, Urbanisierung, Beseitigung des Analphabetismus und der Arbeitslosigkeit. Die daraus resultierende wirtschaftliche und gesellschaftliche Dominanz des Staates sowie die Zentralisierung wirtschaftlicher Entscheidungen sollten eine schnelle Lösung dieser Herausforderungen garantieren. Allerdings hält es Pollack (2016) für einen weitverbreiteten Irrtum, das System des Staatssozialismus generell als Modernisierungsphänomen zu betrachten.
Diese Problematik führt zur Analyse der Zusammenhänge zwischen dem sozio-ökonomischen Denken über die Gesellschaft und die Wirtschaft und der Modernisierungspolitik der PVAP. Daher folgt das dritte Forschungsproblem der Frage, ob und inwieweit eine Modernisierung der polnischen Wirtschaft und Gesellschaft im sozialistischen System möglich war und welche Blockaden auf den Modernisierungspfad auftraten.
- Pollack, D.: Modernisierungstheorie revisted: Entwurf einer Theorie moderner Gesellschaften, [in:] Zeitschrift für Soziologie, Nr. 45, 2016.
- Siewierski, J.: Modernizacja, [in:] Socjologia ogólna. Wybrane problemy. Warszawa 1994.
- Zapf, W.: Modernisierung und Modernisierungstheorien, Eröffnungsvortrag zum 25. Deutschen Soziologentag am 9.10.1990 in Frankfurt a. M., 1990.
Fachbereich: Kulturwissenschaften
Betreuerin: Prof. Dr. Dagmara Jajeśniak-Quast